16 Tage Inselhopping

Durch das Mittelmeer zu den Inseln KORSIKA, SARDINIEN und SIZILIEN

8. Tag, 20. Mai 2022: Rundreise durch das Landesinnere Sardiniens

Karte: Rundreise gegen den Uhrzeigersinn durch das Landesinnere Sardiniens

Zusammen mit Metin, Josef, dem 2., Horst und Heinz wollten wir heute eine Rundreise durch das Landesinnere Sardiniens unternehmen. Die anderen aus unserer Gruppe bevorzugten heute einen Badetag einzulegen. Verständlich! Hätte ich auch gerne gemacht, aber als Tour-Guide muss man halt immer fahren ;-).

Wir fuhren also zunächst in nördliche Richtung der Küste entlang, wo wir etwa 50 km südlich von Olbia entfernt auf den kleinen Badeort La Caletta stießen, der vor allem wegen seiner langen Sandstrände beliebt ist. Vom hübschen Hafen erstreckt sich der 4 km lange Hauptstrand über die gesamte Bucht bis zum südlich gelegenen Santa Lucia. Im Norden schließt sich der 3 km lange Strand von San Giovanni an. Im Ort gibt es mehrere Pizzerien, Restaurants, und alle wichtigen Geschäfte, die man so braucht.

Bild: am Hafen von La Caletta

Wir hielten uns jedoch nicht lange hier auf. Bald verließen wir wieder die Küstenstraße und hatten Calangianus im Herzen der Gallura erreicht. Der Ort ist das Zentrum der sardischen Korkindustrie. Hier befindet sich auch die einzige Fachschule für Korkverarbeitung von ganz Italien. Kork hat für die Insel eine große wirtschaftliche Bedeutung mit einem Anteil Sardiniens von 80 % an der gesamten italienischen Korkproduktion! Überall kann man hier die zum Trocknen aufgestapelten Rindenstücke sehen, die auf ihre Weiterverarbeitung warten. Nach dem ersten Trocknen werden die Rinden gekocht, anschließend gepresst und wieder getrocknet. Die beste Qualität wird für Wein- und Sektkorken verwendet. Es werden aber auch Schuhsohlen, Isoliermaterial und Bodenbeläge gefertigt. Die Souvenir-Hersteller haben das Naturmaterial ebenfalls für sich entdeckt und so kann man auf ganz Sardinien Kork-Schachteln, Kork-Bilderrahmen, Kork-Postkarten und dergleichen kaufen.

Der größte Ort im Landesinneren der Gallura Tempio Pausania bietet eine reizvolle Atmosphäre. Die historischen Straßenpflaster und Häuser im Zentrum bestehen aus dem hellen Granit der Umgebung. Die schönsten Fassaden finden man dabei entlang der Via Roma und an der Piazza Gallura. An der Piazza San Pietro stehen drei Kirchen: die Chiesa Santa Croce, das Oratorio del Rosario und die Cattedrale San Pietro. Die Kathedrale ist die größte Kirche von Tempio Pausania und auch diejenige mit der prächtigsten Einrichtung. Der Bau stammt aus dem 15. Jahrhundert. Berühmt ist die Stadt aber auch für seine Mineralquellen, deren Wasser z. T. in Flaschen gefüllt und auf ganz Sardinien angeboten wird.

Der Hausberg von Tempio Pausania ist 1360 m hoch und damit der höchste Gipfel Nordsardiniens. Auf den Berghängen stehen dichte Wälder, die fast bis zum Gipfel reichen. Einen Teil des Gipfels hat man für Sendetürme in Beschlag genommen. Für deren Bau und Unterhalt wurde eine Asphaltstraße angelegt, auf der man bis fast zur Spitze fahren kann. (Siehe auch mein Bericht über die Sizilienreise im Jahr 2008). Der Blick reicht bei guter Sicht über die gesamte Gallura und manchmal sogar bis nach Korsika.

Die Korkeichen-Wälder sind übrigens das Wahrzeichen der inneren Gallura. Überall in der Umgebung von Tempio Pausania führen die Straßen durch lichte Wälder, die fast ausschließlich aus Korkeichen bestehen. Die frisch geschälten Stämme leuchten rostrot bis sich neue Rinde gebildet hat. Erst wenn ein Baum ca. 25 Jahre alt ist, wird er zum ersten Mal geschält. Es dauert dann 8 – 10 Jahre, bis genügend Kork für die nächste Ernte nachgewachsen ist. Die Qualität wird bei jeder Schälung besser und der Kork feinporiger, aber nach höchstens 9 Ernten ist der Baum dann verbraucht. Neben der Ernte der Korkrinden werden die Wälder auch als Waldweide für Rinder, Schafe und Schweine genutzt.

Weiter in Richtung Westen befindet sich der Stausee Lago del Coghinas, der sich in den letzten Jahren zunehmender Beliebtheit erfreut. Diente er bis vor kurzem ausschliesslich der Trinkwassersorgung, wird er jedoch in wachsendem Maße von Wassersportlern in Beschlag genommen. Ein Hinweisschild nach links ab zeigte hinunter zum See. Warum war dorthin denn kein Wegpunkt in der Route gesetzt? wunderte ich mich noch. Wenige Kilometer später auf einer kleinen oft schlecht befestigten Straße hinunter zum See wusste ich den Grund: Hier unten gab es nirgendwo eine Möglichkeit einzukehren für ein kühlendes Getränk. Keine Bar, keine Patisserie, einfach nur Natur - natürlich mit der Möglichkeit mal rein ins Wasser zu springen.

Wir mussten also wieder zurück zur Hauptstraße fahren. Josef der 2. tat sich dabei mit seiner dicken GoldWing recht schwer, die Schlaglöcher auf dem schlechten Wegstück zu umschiffen. Aber wir kamen heil wieder oben an und hatten bald Oschiri erreicht. Hier am Monti di Ala betreibt man noch schwerpunktmäßig Vieh-, vor allem Rinderzucht. Das an der Strecke zwischen Olbia und Sassari gelegene Dorf ist ansonsten wegen seiner Lage am Coghinas-Stausee eher für Angler und Naturfreunde interessant. Wer sich für Architektur begeistert, sollte jedoch den alten Teil des Dorfes mit seinen städtebaulichen Besonderheiten besichtigen. Das Gebiet ist bereits seit der Antike bevölkert. Es gibt es viele archäologische Reste: Höhlengräber, Dolmen, Felsengräber und etwa dreißig gut erhaltene Nuraghen, die auch leicht zu besichtigen sind.

Wenige Kilometer später erreichten wir in einem Gebiet mit vielen Nuraghen und vorgeschichtlichen Funden Pattada. Der Ort ist vor allem wegen der handgefertigten Messer bekannt. Dieser Wirtschaftszweig entwickelte sich dank der reichen Vorkommen an eisenhaltigen Mineralen, die schon im Mittelalter genutzt wurden. Viele kleinere Handwerksbetriebe bearbeiten hier Stahl und Horn zur Herstellung von Messerklingen und Griffen. Nicht weit vom Dorf entfernt stehen die Ruinen des mittelalterlichen Schlosses Olomene, in dessen Nähe ein kleines Münzenlager, ebenfalls aus dem Mittelalter, entdeckt wurde.

Die Wirtschaft von Pattada wird hauptsächlich von der Landwirtschaft und der Herstellung von Lebensmitteln bestimmt. Zahlreiche lokale Molkereien sammeln Milch und verarbeiten sie weiter zu Käse und den berühmten Käsesorten pecorino sardo, fiore sardo, pecorino romano, die peritas, den Käseaufstrichen oder zu frischem oder gereiftem Ricotta und exportieren diese Produkte in die ganze Welt. Zu den bekannten Lebensmittelprodukten aus Pattada gehören auch Brot, ravioli (gefüllte Nudeln mit Käse oder Quark) sowie Nudelarten, darunter gnocchetti, su succu maduru und su succu minudu, seadas, origliettas, aber auch Honig, torrone und Backwaren, wie amaretti, tiriccas, pabassinos und biscottos.

Bild: Blick auf das sardische Bergdorf Orune

Wer die Zeit hat, kann hier viel entdecken. Im Dorf steht die elegante casa Murgia, ein Patrizierpalast aus den ersten Jahren des 20. Jahrhunderts und auf dem umliegenden Land befinden sich mehrere Nuraghen und Nuraghendörfer, die ich hier nicht alle aufzählen will. Orune ist auch bekannt für die Korkverarbeitung, Teppichwebereien und Anfertigung der traditionellen Tracht. Zur historischen Tracht von Orune gehören Kleider aus Samt und handgearbeitetes Schuhwerk. Bei allen Festen kann man die traditionellen Trachten sehen. Die ausgezeichnete Gastronomie hier bietet typischen Käse mit dem dünnen Brot pane carasau, gegrilltes Ferkel, Lamm und Zicklein, gekochtes Schaffleisch mit Kartoffeln und Zwiebeln, hausgemachte Teigwaren und köstliches Gebäck.

Als wir am Spätnachmittag wieder erschöpft von der Fahrt und den Temperaturen zum Hotel zurück kamen, wollte Tommy gerade zum Baden an den Strand gehen. Da schloss ich mich natürlich gerne an, um den vielen Staub, den ich heute geschluckt hatte, loszuwerden.

Bild: Nachmittags mit Tommy zum Strand und baden gewesen.

Orosei bietet eine wunderschöne Küstenlinie mit seinen herrlichen Stränden Cala Ginepro und Sa Mattanosa. Wir genossen die Brandung, das Geschrei der Möwen, den schönen Sand. Heute hätte ich übrigens fast meine Sandalen in der Flut verloren ;-) Und wir waren tatsächlich auch im Wasser. Es war überhaupt nicht kalt.

Hier weitere Eindrücke vom Tag:

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